Kommunaler und staatlicher Gestaltungsspielraum bei der Flüchtlingsunterbringung – was sagt die Landesregierung?

Im Zuge der internationalen Flüchtlingskrise gehört die Aufnahme und Unterbringung asylsuchender Menschen in unserem Land zu den drängendsten humanitären Aufgaben. Träger der Flüchtlingsunterbringung ist die kommunale Familie, die ihre Aufgabe mit großem Engagement versucht wahrzunehmen.

Im Zuge der internationalen Flüchtlingskrise gehört die Aufnahme und Unterbringung asylsuchender Menschen in unserem Land zu den drängendsten humanitären Aufgaben. Träger der Flüchtlingsunterbringung ist die kommunale Familie, die ihre Aufgabe mit großem Engagement versucht wahrzunehmen.

Gleichwohl ist es kein Geheimnis, dass unsere Städte und Gemeinden trotz bester Absichten und ausgeprägter Kreativität an Kapazitätsgrenzen stoßen. Mit hilfesuchenden Menschen überbelegte Turnhallen oder Gewerbeimmobilien sind offenkundige Ausprägungen dieser Tatsache. Haus & Grund Rheinland informiert über die Inhalte der Kleinen Anfrage der Landesregierung.Ein Ende des Flüchtlingsstroms ist nicht absehbar. Zwar hält die Bundesregierung zur Stunde noch an ihrer – bereits mehrfach korrigierten – Prognose von 800.000 Asylsuchenden im Jahr 2015 fest. Experten gehen aber bereits von etwa 1,5 Milliarden Menschen aus (vgl. z.B. WR, 06.10.2015). Angesichts der zu erwartenden Anzahl an Familien-Nachzügen sowie der zahlreichen Personen, die sich unregistriert in Deutschland aufhalten, ist diese Schätzung durchaus ernst zu nehmen.

Vor diesem Hintergrund sehen sich einzelne Hauptverwaltungsbeamte bereits zu drastischen Schritten veranlasst. Beispielsweise wurden Fälle bekannt, in denen reguläre Mietverhältnisse in kommunalen Liegenschaften mit dem Verweis auf Eigenbedarf gekündigt wurden, um die jeweiligen Gebäude für die Flüchtlingsunterbringung zu nutzen. Auch die Zweckentfremdung kommunaler Turnhallen wird vielerorts wohl wesentlich länger anhalten müssen, als ursprünglich geplant. In der Hansestadt Hamburg wurde kürzlich mit den Stimmen von SPD, Grünen und Linken die Beschlagnahmung leer stehender Gewerbeimmobilien für die Flüchtlingsunterbringung legalisiert. In Bremen existieren gleichartige Planungen.

Während die Kommunen aufgrund ihrer Unterbringungspflicht enormem Druck ausgesetzt sind und jedes noch so zweifelhafte Mittel in Erwägung ziehen müssen, existieren etliche ungenutzte Bundes- und Landesliegenschaften, die sich für die Flüchtlingsunterbringung anbieten würden. Hierbei handelt es sich beispielsweise um leer stehende Bundeswehrkasernen oder Gebäude im Besitz des landeseigenen Bau- und Liegenschaftsbetriebs.

Vorbemerkungen der Landesregierung
In der aktuellen Situation kommen sehr viele schutzsuchende Menschen bei uns in Nordrhein-Westfalen an. Allein bis Anfang November waren es über 234.000 Flüchtlinge, die in diesem Jahr in den Landesunterbringungseinrichtungen versorgt wurden. In dieser Situation sind alle, Bund, Länder und Gemeinden, gefordert. Vordringlich geht es darum, den Menschen schnell eine angemessene Unterkunft zu schaffen. Hierzu ergreift die Landesregierung alle Möglichkeiten. Soweit eine Herrichtung von geeigneten Landesliegenschaften wirtschaftlich und organisatorisch sinnvoll und vertretbar ist, werden diese bereits für die Flüchtlingsunterbringung genutzt oder vorbereitet.

Soweit das Land Kenntnis davon erlangt, dass Immobilien/ Liegenschaften zur Verfügung stehen oder diese dem Land angeboten werden, wird im Einzelfall geprüft, ob diese für eine Nutzung zur Unterbringung von Flüchtlingen geeignet sind. Hiermit beauftragen die Bezirksregierungen u.a. auch den Bau- und Liegenschaftsbetrieb des Landes Nordrhein-Westfalen (BLB).

Der BLB hat seine derzeit ungenutzten Immobilien bereits im letzten Jahr hinsichtlich einer Eignung zur Flüchtlingsunterbringung vorbewertet. Im Rahmen der Vorbewertung wurden insbesondere Schadstoffbelastungen, Brandschutzmängel, statische Mängel und die vorhandene Sanitärausstattung untersucht. Nachdem Mitte Februar 2015 weiterer erheblicher Bedarf an Unterbringungsmöglichkeiten bestand, hat der BLB seine derzeit ungenutzten Immobilien erneut danach untersucht, ob für Bedarfsspitzen weitere Unterbringungsmöglichkeiten bestehen. Der BLB prüft fortlaufend weiter, welche Immobilien bzw. Freiflächen zur Unterbringung von Flüchtlingen nutzbar gemacht werden können.

Bestehende Nutzungsverhältnisse werden, unabhängig davon, ob eine Kündigung rechtlich und sachlich möglich und zu vertreten wäre, nicht in Frage gestellt. Daher wurden Immobilien die zurzeit vermietet sind, bislang nicht umfassend überprüft.

Freie bzw. freiwerdende Bundesimmobilien in Nordrhein-Westfalen, die von der Bundesanstalt für Immobilienfragen (BIMA) dem Land angeboten werden, werden ebenfalls fortlaufend untersucht.

Der Antwort Drucksache 16/10345 vom 27.11.2015 ist eine Anfrage vorausgegangen.

Kleine Anfrage 3936
Drucksache 16/9941 v. 7.10.2015

der Abgeordneten Kai Abruszat und Holger Ellerbrock FDP

Kommunaler und staatlicher Gestaltungsspielraum bei der Flüchtlingsunterbringung – was sagt die Landesregierung?

Im Zuge der internationalen Flüchtlingskrise gehört die Aufnahme und Unterbringung asylsuchender Menschen in unserem Land zu den drängendsten humanitären Aufgaben. Träger der Flüchtlingsunterbringung ist die kommunale Familie, die ihre Aufgabe mit bemerkenswertem Engagement wahrnimmt. Gleichwohl ist es kein Geheimnis, dass unsere Städte und Gemeinden trotz bester Absichten und ausgeprägter Kreativität an Kapazitätsgrenzen stoßen. Mit hilfesuchenden Menschen überbelegte Turnhallen oder Gewerbeimmobilien sind offenkundige Ausprägungen dieser Tatsache.

Ein Ende des Flüchtlingsstroms ist nicht absehbar. Zwar hält die Bundesregierung zur Stunde noch an ihrer – bereits mehrfach korrigierten – Prognose von 800.000 Asylsuchenden im Jahr 2015 fest. Experten gehen aber bereits von etwa 1,5 Milliarden Menschen aus (vgl. z.B. WR, 06.10.2015). Angesichts der zu erwartenden Anzahl an Familien-Nachzügen sowie der zahlreichen Personen, die sich unregistriert in Deutschland aufhalten, ist diese Schätzung durchaus ernst zu nehmen.

Vor diesem Hintergrund sehen sich einzelne Hauptverwaltungsbeamte bereits zu drastischen Schritten veranlasst. Beispielsweise wurden Fälle bekannt, in denen reguläre Mietverhältnisse in kommunalen Liegenschaften mit dem Verweis auf Eigenbedarf gekündigt wurden, um die jeweiligen Gebäude für die Flüchtlingsunterbringung zu nutzen. Auch die Zweckentfremdung kommunaler Turnhallen wird vielerorts wohl wesentlich länger anhalten müssen, als ursprünglich geplant. In der Hansestadt Hamburg wurde kürzlich mit den Stimmen von SPD, Grünen und Linken die Beschlagnahmung leer stehender Gewerbeimmobilien für die Flüchtlingsunterbringung legalisiert. In Bremen existieren gleichartige Planungen.

Während die Kommunen aufgrund ihrer Unterbringungspflicht enormem Druck ausgesetzt sind und jedes noch so zweifelhafte Mittel in Erwägung ziehen müssen, existieren etliche ungenutzte Bundes- und Landesliegenschaften, die sich für die Flüchtlingsunterbringung anbieten würden. Hierbei handelt es sich beispielsweise um leer stehende Bundeswehrkasernen oder Gebäude im Besitz des landeseigenen Bau- und Liegenschaftsbetriebs.

Wir fragen daher die Landesregierung:

1. Wo bzw. in welchem Umfang sahen sich NRW-Kommunen in den vergangenen Monaten dazu veranlasst, bestehende Mietverhältnisse zu kündigen, um die jeweiligen Liegenschaften fortan für die Unterbringung von Flüchtlingen zu nutzen?

2. Wie bewertet die Landesregierung die rechtliche Zulässigkeit von Eigenbedarfskündigungen in kommunalen bzw. staatlichen Liegenschaften zum Zwecke der Flüchtlingsunterbringung?

3. Vor der Hintergrund der aktuellen Situation in Hamburg: Erwägt die Landesregierung auch eine Regelung zur Beschlagnahmung von Immobilien zum Zwecke der Flüchtlingsunterbringung?

4. Welche Liegenschaften im Besitz des Landes wären grundsätzlich für die Unterbringung von Flüchtlingen geeignet (bitte tabellarische Aufzählung mit Orts- und Kapazitätsangabe)?

5. Was wird die Landesregierung konkret unternehmen, um die kommunale Familie durch Verfügbarmachung leer stehender Bundes- und Landesliegenschaften für die Flüchtlingsunterbringung zu entlasten?

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